Mein Schlüsselerlebnis hatte ich vermutlich in der 11. Klasse.
Ich saß im Bus, als einige Jugendliche (ich vermute einmal so 6. oder 7. Klasse) ein Mädchen (in meinem Alter), welches auf die Förderschule ging, verbal niedermachten.
In mir fing es immer mehr an zu brodeln und ich dachte mir „sag mal, was bringt denen das denn?“. So machte ich meinem Ärger Luft und meinte zu den Kindern „sucht euch mal jemanden, der euch Kontra geben kann“ oder in die Richtung. Die Kids hörten auf und ich fühlte mich wesentlich besser.
Gut, vorher habe ich mich auch schon in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert, doch es war für mich mehr ein Hobby. Nach und nach reifte es in mir, doch wirklich in diesen Berufszweig zu gehen.
Mit 16 Jahren hatte ich tatsächlich die Idee das Abitur zu machen und danach katholische Religion zu studieren und dann als Gemeinde- oder Pastoralassistentin unterwegs zu sein.
Man muss sagen: Zum Glück hat das mit dem Abitur bei mir nicht geklappt, so musste ich mir nach der Wiederholung der 11. Klasse (ich fand sie so toll, dass ich nicht weiter machen wollte) einen Plan B aussuchen.
Der damalige Pastoralreferent unserer Gemeinde schlug mir vor, doch ein FSJ, also ein Freiwilliges soziales Jahr, zu machen. So meldete ich mich in Speyer und über Umwege landete ich bei der FSJ-Stelle in Mainz. Mein Soziales Jahr machte ich dann in einem Kinder- und Jugenddorf in Unterfranken.
Diese Zeit war für mich sehr lehrreich, denn ich komme aus einem wohlbehüteten Elternhaus und habe weder Gewalt noch Vernachlässigung bei mir oder meinen Freunden erlebt. Jedem anderen dem es so geht, kann froh sein!
Was Eltern manchmal ihren Kindern antun, war für mich erst einmal ein Schock. Natürlich habe ich es verkraftet, doch manche Familienverhältnisse bzw. Konstellationen habe ich bis heute noch nicht ganz verstanden.
In diesem Jahr habe ich beschlossen, dass ich Erzieherin werde. Denn: Erzieherin ist nicht nur im Kindergarten aktiv, nein! Sie kann auch in Kinderheimen oder mit beeinträchtigten Menschen arbeiten. (Das ist vermutlich auch der Grund weshalb ich immer extrem auf den Begriff Kindergärtnerin reagier. IHHH! Bääh!!)
So schrieb ich eine einzige Bewerbung an eine Erzieherschule (wir schreiben das Jahr 2003) und bekam natürlich die Zusage. Seit Sommer 2006 darf ich mich nun staatlich anerkannte Erzieherin (mit Zusatzqualifikation Heimerziehung) nennen.
Mein Anerkennungsjahr machte ich in einem kleinen Kindergarten, einen Ort weiter. Doch ich muss zugeben, ich habe schnell gemerkt, dass mir die frühkindliche Erziehung nicht liegt, sie mich sehr anstrengt. Extrem spürbar war es für mich meinen Sprachschatz herunter zu brechen und extrem war für mich auch die tägliche Geräuschbelastung.
Deshalb ist es nur allzu gerechtfertigt, dass Erzieherinnen und Erzieher auf die Straße gehen und mehr Gehalt fordern. Denn: Sie sind oft diejenigen, die die Kinder erziehen, sie fördern. Und es ist im Grunde gleichzusetzen wie der Beruf eines Managers. Viele Dinge unter einen Hut zu bringen (Ich fange nicht an die Managergehälter und die von Erziehern zu vergleichen, soll ja keiner anfangen zu weinen!).
Trotzdem bewarb ich mich bei ca. 50 Kindergärten im Umkreis, doch die Hälfte schrieb mir absagen, die andere Hälfte hat sich nie bei mir gemeldet.
Naja, ein Kindergarten rief ca. zwei Jahre nach meiner Bewerbung bei meinen Eltern an (ich war mittlerweile ausgezogen) und bot mir nun die Stelle an. Tja, das war wohl nichts.
Nach der Pleite mit der Früherziehung traf ich mich mit einer Freundin, die gerade ihr Abi gemacht hatte, und sie erzählte, dass sie sich für Sozialpädagogik interessierte und sich an einigen Unis bzw. FHs beworben hatte.
Daraufhin recherchierte ich und konnte feststellen: Ja, auch ich habe die Möglichkeit. An einer Fachhochschule in Rheinland-Pfalz zu studieren.
Diesmal schrieb ich auch wieder nur eine Bewerbung, an die KFH in Mainz.
Ich kann mich noch so gut an diesen Moment erinnern, als ich die Zusage erfuhr. Meine Mutter rief auf der Arbeit an, ich stand gerade mit zwei kleinen Menschen in der Küche. Mutter sagte mir, die Zusage sei da, ich schrie auf und die Kids waren etwas irritiert ;-)
Auch meine Freundin, über die ich an die Idee gekommen bin, hat die Zusage erhalten. So fuhren wir für die Immatrikulation gemeinsam nach Mainz, jeder von uns hatte in der Zwischenzeit unabhängig voneinander eine Wohnung bzw. WG gesucht.
Die FH war wirklich ein Glückstreffer. Vom ersten Tag an konnte man nette Leute kennen lernen und innerhalb eines Monats hatte man schon seine Gruppe gefunden, die bis zum Ende des Studiums auch ungefähr so bestehen blieb. In das Leben an der Fachhochschule musste ich mich rund ein Jahr einarbeiten.
Gut für uns war auch, dass die erste Prüfung auch erst nach einem Jahr stattgefunden hat. Anderthalb Jahre nach Studienbeginn dann die Hammerprüfung mit dem Vordiplom.
Zwei Praxissemester – Die ich definitiv nicht missen möchte – und die mich beruflich und persönlich extrem weitergebracht haben! Hier nochmal ein riesen Dank an Gesine und Marcus!
Am 16. Juli 2010 hielt ich dann auch mein Diplom in der Hand.
Nach unterschiedlichen beruflichen Einblicken bin ich nun an einem Ort gelandet, an dem ich mich sehr wohl fühle. Kollegial auf alle Fälle.
Ich arbeite momentan noch in einem Projekt für (hauptsächlich) alleinerziehende Mütter, die schon länger nicht mehr in Arbeit sind. Hier habe ich auch vieles erlebt und denke, dass auch vieles in der Gesellschaft von der Lebenswirklichkeit noch nicht angekommen ist.
Bald ist dieses Projekt abgeschlossen, ich werde bei meinem jetzigen Arbeitgeber bleiben, doch meine Arbeitsbereiche werden sich ändern.
Das ist auch ein Punkt im Beruf als Sozialpädagoge. Man hat so viele Einsatzmöglichkeiten. Was von Vorteil sein kann, doch auch von Nachteil, denn man muss sich erst das Richtige für sich suchen.
So arbeiten manche meiner Studienkollegen im Jugendamt oder auch im Jobcenter (oder der Arbeitsagentur). Andere wiederum sind wie ich bei einem Bildungsträger gelandet, der sich um „Benachteiligte“ kümmert. Auch die Arbeit im Heimbereich ist möglich.
Sozialpädagogische Familienhilfe ist eine weitere berufliche Möglichkeit. Es gibt auch viele Sozialpädagogen die in großen Firmen als Betriebssozialarbeiter zuständig sind. Oder meine Mutter hat nach ihrer Knie-OP von einem Krankenhaussozialpädagogen die Formalitäten für die Reha gezeigt bekommen.
Und die Frage, „was macht denn so ein Sozialpädagoge?“ habe ich auch schon lange nicht mehr gehört, doch ich möchte sie gerne verraten.
Ein Sozialpädagoge ist dazu da, Menschen (oft in Notsituationen)
aufzufangen, sie zu unterstützen und nach einer gewissen Zeit an der Hand
auch wieder in die Unabhängigkeit zu entlassen.
Ich bin gerne Sozialpädagogin. Und habe im letzten Jahr von Betreuung, Verwaltung über das Theaterspielen vieles erlebt. Missen möchte ich es nicht!
(Die Bilder sind auf der Arbeit entstanden, unsere Theaterpädagogin bat mich, einzuspringen)