Freitag, 6. November 2015

[Gedanken] Was man beim Nähen für den Job lernen kann…

Wir Näh-Nerds oder Menschen, die in ihrer Freizeit gerne nähen, bekommen sie irgendwann alle. Spätestens, durch die tolle Nähsendung „Geschickt Eingefädelt, wer näht am besten“.

Beruflich habe ich es mit (hauptsächlich) Frauen zu tun, die schon längere Zeit (oder auch kurzzeitig) aus dem Beruf draußen sind und wieder einsteigen wollen. Somit ist mir der Gedanke gekommen, was man vom (Hobby)Nähen auch in den Job übertragen kann.


Genauigkeit

Wenn man sich daran versucht, ein passendes Schnittmuster z. B. für ein Kleid, aus einem Schnittbogen herauszukopieren (Burda oder ottobre mit mehreren Schnitten auf einem Bogen sind hier ein gutes Beispiel), muss genau sein. Auch die Konzentration spielt dabei eine wesentliche Rolle. Wenn man nicht genau alle Passzeichen abzeichnet, oder aus Versehen in eine falsche Größe kommt, sieht das Endprodukt meist eher nach einem Sack, statt nach einem Kleid aus (oder ist zu klein).
Je nach Job, nehmen wir mal einen im Büro, muss man auch genau sein. Als ich im Sekretariat Vertretung gemacht habe, bin ich schon schier verzweifelt, warum in der Kasse jetzt 20 Euro zu viel waren. Dieses rumrechnen, bis man den Fehler gefunden hat, meine Herren!

Zielstrebigkeit

Ja. Wenn man ein fertiges Kleidungsstück haben will, muss man dran bleiben (*hüstel*). Durch meine langen Tage die ich auf Arbeit und mit der Fahrt hab, kann es schon passieren, dass ich morgens um halb sieben aus dem Haus komme und abends um halb sechs dann wieder zu Hause bin. Da kann ein Kleid auch schon mal drei Monate vom Zuschnitt bis zum Endprodukt haben ….
Wenn man natürlich dringend etwas Neues braucht, dann ist die Zielstrebigkeit, die man auch für erhaltene Aufgaben im Job haben sollte, sehr wichtig. Termindruck hat so manches Kleidungsstück dann schnell fertig
werden lassen.

Motivation

Das kennt jeder. Niemand geht gern zu einer Arbeitsstelle, wenn er dort nicht in irgendeiner Weise motiviert ist. Natürlich gibt es Dinge, die man auf der Arbeit nicht gerne macht, jedoch sollten die positiven Überwiegen.
Wenn wir nähen, sind wir motiviert. „Ja, ich will ein neues Kleid haben!“ … Natürlich we nn dann die Nähmaschine zickt, der Unterfaden ständig reist ... oder kurz vor Ende der Naht leer ist, hat man an dem Tag keine Lust mehr.
Als Hobbynäherin hat man ja das Glück, aufhören zu können und am nächsten Tag weiter zu machen.

Feinmotorik

Vor allem beim Handnähen wird die Feinmotorik geschult. Bei Baumwolle habe ich es mir seit kurzem angewöhnt, sehr vieles zu reihen, denn sonst geht es bei mir nicht gut. Die Feinmotorik sollte dabei helfen, sich nicht in den eigenen Finger zu stechen. Kann Schmerzen verursachen.
Je nach Job, benötigt man Feinmotorik. Kommt natürlich auf die Branche an.

Kreativität

Was hat Nähen mit Kreativität zu tun? Ganz einfach. Ich habe eine gute Freundin, die mit Nähen gar nichts am Hut hat. Sie ist immer wieder verblüfft, wie ich aus Schnittmustern und Stoffen etwas herstelle, dass dann
ganz anders aussieht, wie die Vorschläge in der Modezeitschrift oder im dazugehörigen Buch.
In der ersten Folge des deutschen Sewing Bee war neben „sexy“ das meist genannte Wort „Kreativ“.
Nähen ist kreativ. So konnte man bei der ersten Aufgabe, das Nähen eines Bleistiftrockes, sehen, dass trotz gleichen Schnittmusters und gleicher Aufgabenstellung acht komplett unterschiedliche Röcke herausgekommen sind.
Natürlich gab es von der Qualität her große Unterschiede, doch so ist es in der Arbeitswelt auch.
Ist es uns nicht auch schon so gegangen, dass wir eine einfache Aufgabe erhalten haben, gedacht haben „ach komm, das mach ich mit links und mach noch x,y und z dazu“ und dann kamen wir in Zeitnot? Ja, das konnte man in der ersten Ausgabe sehen. Besonders bei dem pinken Rock mit orange. Wobei ich die Kombination mit pink-orange total toll fand…

Oder die Umsetzung: Zwei Herrenhemden, macht daraus ein Party-Oberteil. Wie unterschiedlich hier herangegangen wurde. Meike hat es schön in ihrem Blog beschrieben, dass sie dieses „Party“ komplett überhört hatte. Auch das kann auf der Arbeit mal passieren, dass man Teile der Anweisungen nicht versteht
oder erhält und dann kommt etwas aus dem Hut, was der Vorgesetzte so gar nicht gemeint hat und man muss sich (was in der Arbeitswelt geht) wieder an den Tisch setzten und neue Ideen entwerfen.

Anerkennung


Danach strebt der Mensch. Es ist quasi das höchste Gut.
Bei der AnNäherung_Süd habe ich mich mit einigen Damen unterhalten, und da es für mich immer spannend ist bezüglich der Berufe (eben Berufsbedingt), sind meiner Erkenntnis nach viele Frauen deshalb zur Freizeit-Näherin geworden, weil a) es in den Geschäften nichts für sie gibt und b) viele einen Beruf haben, in dem sie nichts herstellen. Es fehlt somit etwas, wofür wir Anerkennung erhalten.

Klar ist es für mich schön, wenn Teilnehmerinnen sich mit Pralinen bei mir für meine Arbeit bedanken (auch wenn ich sie dank Nuss-Unverträglichkeit nicht essen kann), jedoch ist es eben nicht nachzuprüfen, ob ich ihnen tatsächlich weiterhelfen konnte. Durch das Nähen habe ich immer einen Prozess, den ich beobachten kann (gut, manchmal auf der Arbeit auch), und am Ende habe ich ein festes Ergebnis. Meist ein Teil zum Anziehen, ab und an mal ein Teil für die Tonne.

Ein festes Ergebnis in der Schule als Lehrer oder wie ich als Sozialpädagogin zu erhalten, ist eher ein schwierigerer Teil. Somit freu ich mich, wenn Kolleginnen ab und an mal fragen „Das hast du aber jetzt nicht selbst gemacht!“. Für einen Freizeit-Nähenden kann man das doch als größtes Lob sehen. Und es tut wahrlich gut.

Scheitern können

Ja. Wir machen auch Fehler, produzieren Teil für die Tonne und machen danach auch weiter, probieren und wieder aus, denn so kann man doch nicht aufhören. Auch im Job klappt nicht alles. Weiter an sich und seinen Fähigkeiten arbeiten. Es ist (Achtung Floskel) noch kein Meister vom Himmel gefallen.



Falls Euch noch weitere Skills einfallen, freue ich mich über einen Kommentar.